Parkkonzept Mannheim
1. Der Grundkonflikt
Die Aufgabenstellung ist geprägt von einem grundlegenden Konflikt: Es besteht offensichtlich die Notwendigkeit zu bauen, wo eigentlich nichts gebaut werden sollte. Der Park sollte in seiner Quantität erhalten bleiben und in seiner Qualität verbessert werden. Gleichzeitig nimmt die Nutzung einen Teil der Quantität und eventuell auch einen Teil der Qualität in Anspruch. Dieser grundsätzliche Konflikt bestimmt unseren Entwurf bis in die Detaillierung. Zu Beginn des Entwurfs haben wir also verschiedene Szenarien zum Umgang mit diesem Konflikt durchgespielt.
1.1. Konfrontations-Szenario. Die naheliegendste Lösung der Aufgabe besteht darin, die geforderte Anzahl an Stellplätzen herzustellen und eine klare Kante zum Park auszubilden. Die Wünsche des Inverstors sind erfüllt, aber leider verkleinert sich die Parkfläche und wird vermutlich auch in Ihrer Qualität eingeschränkt.
1.2. Weicher-Übergang-Szenario. Bei einem weichen Übergang greifen der Park und der Parkplatz ineinander. Die Kante wird diffus und Abgrenzungen werden aufgehoben. Leider beansprucht dieses Szenario sehr viel Raum und erzeugt weite Wege.
1.3. Tiefgaragen-Szenario. Im Falle des Tiefgaragen-Szenarios wird die Parkfläche maximiert und in Ihrer Qualität kaum eingeschränkt. Die Parkplätze verschwinden vollständig unter der Erde. Leider schließt der Investor eine Lösung, bei der Kundenstellplätze nicht ebenerdig angebunden sind, kategorisch aus.
1.4. Gebäude-wird-Park-Szenario. Da der Investor auf ebenerdig erreichbare Stellplätze besteht, gleichzeitig der Park aber in Quantität und Qualität keine Verschlechterung erfahren darf, erheben wir den Park über die Stellplätze. Die funktionalen Anforderungen des Investors werden vollständig erfüllt und die begehbare Parkfläche wird um 16,4% erweitert. Es resultiert ein Gebäude das einen Hybrid aus Stadt- und Parklandschaft darstellt.
2. Das städtebauliche Konzept
2.1. Baukörperpositionierung. Um dem Park Park und der Stadt Stadt zuzuordnen, entwickeln wir das Gebäude von seiner urbansten Seite im Südosten, den Park diametral von seiner naturlandschaftlichsten Seite von Norden. Innerhalb dieses Gradients entsteht der Hybrid. Dementsprechend werden zum städtischen Raum eher urbane Strukturen ausgebildet, zum Naturraum des Parks dagegen eher naturlandschaftliche Strukturen. Das Gebäude, das dazwischen entsteht, vermittelt in unterschiedlichen Aggregatzuständen zwischen diesen beiden Polen.
2.2. Reflexion existierender Strukturen. Nach Außen reflektiert das Gebäude den jeweiligen Kontext. Zur Mannheimer Straße wird das Gebäude entsprechend seinem Umfeld sehr urban und reagiert mit einer Zeilenbebauung. Zur Gartenstraße nach Westen bildet es dagegen die eher lockere, suburbane Bauweise ab. Die Kante zur Mannheimer Straße definiert den Straßenraum und entwickelt an dieser sehr prominenten Stelle eine inkonografische Wirkung. Im nördlichen Bereich der Mannheimer Straße entwickelt sich die Fassade vom Tableau zum Plateau und geht in den Park über. Im Norden setzt sich der Park fort und wird nach.
2.3. Sicht- und Bewegungsachsen. Die dominierenden Vorgaben sind die Bewegungsachsen der Mannheimer, Garten- und Lindenstraße. Die Gebäude richten sich nach diesen dominierenden Bewegungsachsen. Dementsprechend befindet sich der Haupteingang im Schnittpunkt dieser Achsen. Am Schnittpunkt der Mannheimer und Gartenstraße ist die repräsentativste Stelle des Gebäudes. Im Schnittpunkt der Linden- und Mannheimer Straße liegt folgerichtig der Eingang. Der Zugang zu Park und Kulturhaus, der aktuell eher unterrepräsentiert ist, wird neu inszeniert. Die neue Erschließungsachse führt direkt auf das Kulturhaus zu.
2.4. Erschließung. Die fußläufige Erschließung des Supermarkts erfolgt entlang der Mannheimer Straße. Diese Positionierung des Eingangs ermöglicht auch Synergie- und Katalysatoreffekte für die anderen Einzelhändler entlang der Mannheimer Straße. Die Obergeschossnutzungen erschließen sich entweder ebenfalls über die Mannheimer Straße oder über den neuen, erhöhten Stempelpark. Die PkW-Erschließung des Supermarkts und auch des Kulturhauses erfolgt am Schnittpunkt der Mannheimer- mit der Lindenstraße. Eine funktional einwandfreie Versorgung wird durch eine eingehauste Anlieferung über die Gartenstraße gewährleistet.
3. Das Parkkonzept
3.1. Käfertal-Loop. Der existierende Stempelpark wird quantitativ, qualitativ und funktional um eine erhöhte Parkebene erweitert. Der Verbindungsloop ist das neue, zentrale Element, das auf den existierenden Qualitäten und Beziehungen aufbaut und diese erweitert.
3.2. Vernetzung des Stadtraums. Der Loop erschließt alle relevanten Zugänge, Zonen und Gebäude und verbindet sie. Dadurch werden die Nutzungen des Parks miteinander, aber auch mit dem angrenzenden Stadtraum vernetzt.
3.3. Inseln im Park. Da sich die existierenden Inseln im Park sich einer breiten Akzeptanz erfreuen, werden sie in ihren Charakteristika geschärft und erweitert. Die neuen Nutzungen auf der erhöhten Parkebene ergänzen den Stempelpark qualitativ und funktional.
3.4. Sichtbeziehungen und Ränder. Eines der wesentlichen räumlichen Merkmale des Parks ist die Einfassung seiner Ränder durch die Bepflanzung. Dieser Wechsel zwischen wenig einsehbaren Rückzugszonen und offenen Bereichen wird fortgesetzt und die Vielfallt der Perspektiven durch den erhöhten Bereich maßgeblich erweitert.
3.5. Atmosphären. Besonders markant sind die unterschiedlichen Atmosphären des Parks. Ein dichter Baumbewuchs im Zentrum steht ein offener Bereich im Norden gegenüber. Diesem offenen Bereich wird im Süden eine neue große Lichtung gegenüber gestellt.
Zusammenfassung
Die Lösung der Aufgabe ist in der Besonderheit der Situation eines Parks als Stadtzentrum bereits vorgegeben. Naturlandschaft als Zentrum einer urbanen Struktur darf nur in Form eines Hybrids aus Stadtlandschaft und Naturlandschaft bebaut werden. Der Entwurf wird von der städtebaulichen bis zur Detailebene in jedem Maßstab von der Idee des Hybrids bestimmt. Eine solch klare Vorgabe wird es im Rahmen der Realisierung leicht machen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, so dass das Gebäude erst in seiner gebauten Form die volle Klarheit und Qualität des Konzepts entfalten wird. Durch die Partizipation der Bevölkerung zum frühestmöglichen Zeitpunkt konnten wir die Hybrididee sehr konkret auf die Vorstellungen und Wünsche der späteren Nutzer abstimmen und dabei auch eine sehr breite Zustimmung zu unserem Konzept erfahren.